Als Gründungslokal nannte uns Ludwig Wagner die Wirtschaft Zur guten Quelle. Den Nachweis für diese Gastwirtschaft zu finden, war nicht ganz einfach. Unser Gründungsmitglied Karl F. Korhammer hat offenbar die Gastwirtschaft Zur guten Quelle im Juni 1905 in der Mainzer Straße 4 (neben dem Kastanienhof) gegründet und bis März 1907 betrieben. Das Anwesen wurde im gleichen Jahr noch verkauft und es war nicht mehr festzustellen, wie lange die Gastwirtschaft noch bestanden hat. Im Jahre 1919 jedenfalls übernimmt die Mainzer Spar- und Konsumgenossenschaft das Anwesen und betreibt dort bis 1969 einen Konsum.
Aber bis Karl Korhammer sein Lokal eröffnen konnte, hatte er sich noch, wie die Main-Spitze vom 19. Oktober 1904 schreibt, mit dem Gemeinderat und dem Kreisausschuss hart auseinanderzusetzen:
„Am Samstag Vormittag fand im Kreisamtsgebäude eine öffentliche Sitzung des Kreisausschusses statt. Als einziger Gegenstand stand auf der öffentlichen Tagesordnung das Wirtschaftskoncessionsgesuch des Karl Kornheimer (Kornhammer) zu Raunheim. Der Gemeinderat zu Raunheim hatte die Bedürfnisfrage verneint und sprach sich der Kreisausschuss gegen die Erteilung der Koncession aus, in dem in Raunheim bei einer Einwohnerzahl von 1400 schon bereits 15 Wirtschaften bestehen. In der von dem Gesuchsteller verlangten öffentlichen Verhandlung suchte der selbe nachzuweisen, dass der Gemeinderatsbeschluss, um dessentwillen zu seinen Ungungsten ausgegangen sei, weil drei Mitglieder des Gemeinderats Wirte und auch der Herr Bürgermeister mit einem Wirte verwandt sei. Auch sein Rechtsanwalt führte an, dass solange Wirte, die sich jede unliebsame Konkurrenz vom Leibe halten wollten, im Gemeinderat zu Raunheim säßen, sei an eine Koncession nicht zu denken. Der Kreisausschuss blieb bei seinem früher gefassten Beschluss bestehen und legte dem Gesuchsteller einen Aversionalbetrag von 3 Mark auf.“
Letzlich wird ihm am 15. Juni 1905 doch die Genehmigung erteilt und er konnte sein Lokal eröffnen. Die stark angewachsene Einwohnerschaft brachte natürlich auch Wohnraumnot mit sich, von der in erster Linie die zugewanderten Arbeiter betroffen waren. Mit ihren großen Familien, sechs bis acht Kinder waren keine Seltenheit, wohnten sie oft in erbärmlicher Enge. Um dem nicht ausbleibenden Streit auszuweichen, ging der Mann, der Vater, in die Wirtschaft. Sie war Wohnzimmerersatz und man konnte die leidlichen Probleme in Fabrik und Familie vergessen. Elendsalkoholismus war oft die Folge.
Zwischen 1906 und 1910 gab es eine ganze Reihe von Lokalen, die von Mitgliedern oder aber von Sympathisanten betrieben wurden:
Zur frischen Quelle
Karl Korhammer, Mainzer Straße 4
Gründungs- und Versammlungslokal bis 1907
Mainlust
Ludwig Nusch, Mainstraße
Versammlungslokal, Trainingsraum für die Arbeiterradfahrer, Vereinslokal der Metallarbeiter

Zum Stern
Johann Mergel/Friedrich Leonhardt, Bahnhofstraße
Versammlungslokal
Zum Adler
August Meister, Frankfurter Straße
Vereinslokal der Arbeiterradfahrer
Mainzer Hof
Ernst Pfaff, Mainzer Straße/Ecke Ludwigstraße
Versammlungslokal, Diskutierzirkel

Gennant wurden aber auch Zum Weidenbusch (Willi Ulbricht), Zum Bobbe-Schenkelche (Jakob Draisbach) und das Lokal von August Lorenz, Zur Eisenbahn. Größere Veranstaltungen fanden im Saal Zum Löwen statt.
Text frei nach Werner Milschewsky und Günther Diehl