2. Raunheim im 19. Jahrhundert

Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Raunheim ca. 300 Einwohner, die fast ausschließlich in der Land- und Forstwirtschaft tätig waren. Bis zum Jahre 1854 stieg die Zahl der Einwohner dann sehr schnell auf 644 an, die nicht mehr alle ihr Auskommen in der Gemeinde finden konnten. Zwischen 1854 und 1855 wanderten ca. 80 bis 100 Raunheimer nach Amerika aus, deren Reisekosten von der Gemeinde mitfinanziert wurden. Man wusste anscheinend nicht mehr weiter, der allgemeinen Not zu begegnen.

Schaut man sich die im Stadtarchiv noch liegenden Dokumente an, wird deutlich, dass mit den Auswanderungen ein regelrechter Handel getrieben wurde. Die Gemeinden musste für die Transport- und Verpflegungskosten nach Le Havre, das war der Einschiffungshaften für Auswanderer nach New York, aufkommen. Auf dem Schiff wurde noch ein „Kopfgeld“ von 10 Gulden pro Familie und Familienmitglied ausgezahlt. Damit alles seine Richtigkeit hatte, bestätigte letzlich vor Ort der Großherzogliche Hessische Consul die Einschiffung. Nachdem man auch noch die Zustimmung vom Großherzoglichen Kreisamt eingeholt hatte, konnte die Rechnung bezahlt werden und ein soziales Problem war gelöst.

 

Verzeichnis der Auswanderer von Raunheim, welche das bei ihrem Namen ausgesetzte Kopfgeld durch das Rhederhaus V. Marzion & Co. zu Havre ausbezahlt erhalten sollen.

 

Durch die Auswanderungswellen, es folgten bis zur Jahrhundertwende noch weitere, wurde jeweils der soziale Druck nur kurzzeitig gemindert. Helfend, in der rasch wieder ansteigenden Bevölkerung Spannungen zu vermeiden, war sicher der Bau der Eisenbahn Frankfurt – Mainz, die am 1.1.1863 den Betrieb aufnahm. Einmal als Arbeitgeber, zum anderen aber auch als Beförderungsmittel, um Arbeiter oder Handwerker in die Umgebung bzw. in die Städte Frankfurt und Mainz zu den Arbeitsplätzen zu bringen. Sicher hat die Bahn den Handel mit Brennholz erleichtert. Auch ist überliefert, dass in Raunheim für Frankfurter und Mainzer Haushalte am Main die Wäsche gewaschen und anschließend auf den Wiesen zum Bleichen ausgelegt wurde.

 

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Text frei nach Werner Milschewsky und Günther Diehl